Boulespiele sind älter als das hundertjährige Pètanque. Will man sich zu den Wurzeln dieser Spielefamilie begeben, die ihre Gemeinsamkeit darin findet, dass etwas Großes – meist Rundes – einem kleinen Zielobjekt beizugesellen ist, dann bedarf es einer weiteren Null, denn die Boulegeschichte zählt tatsächlich bereits Jahrtausende. [1]
Die Britischen Inseln kennen eine Variante, die als "Lawn Bowls" bekannt, sich ebenfalls beträchtlichen Alters erfreut, ist sie doch seit dem 13. Jahrhundert sicher belegt. [2]
Das überrascht nicht, zählt doch jene Anekdote unter Boulespielern zu den eher bekannteren, der zufolge Sir Francis Drake nach Erhalt der eigentlich doch recht beunruhigenden Nachricht, die Spanische Armada sei gesichtet worden, noch die Muße fand, seine laufende Partie "Bowls" in Seelenruhe zu beenden und die Versenkung der "unbezwinglichen Flotte" erst später ins Werk zu setzen. Immerhin war diese über das Meer gekommen, um Königin Elisabeth I von ihrem Thron zu stoßen. Kaltblütig – so die Legende –
habe Drake auf dem Spielfeld verkündet: "We still have time to finish the game and to thrash the Spaniards, too."
Sicher wird nicht fanatische Spielsucht oder gar Übermut den Seehelden bei den Kugeln festgehalten haben. Eher war es das Wissen um die Gezeiten, andere nautische Widrigkeiten oder schlicht die noch nicht ganz abgeschlossenen Vorbereitungen, die einem früheren Auslaufen der Flotte entgegenstanden. Wie dem auch sei, die Partie war jedenfalls gerettet und – wie wir wissen – schließlich ebenso das Reich der protestantischen Königin.
Das "goldene Zeitalter" ihrer Regentschaft konnte fortdauern, an dem freilich viele der klügsten und prominentesten Köpfe ihren Anteil hatten. Vieles ist weithin bekannt, weniger hingegen das Detail, demnach der wohl berühmteste dieser Schar, William Shakespeare, eine bouletypische Szene in eines seiner Stücke eingearbeitet hat. So lautet der Beginn der 1. Szene im 2. Akt von Cymberline [3]:
CLOTEN:
Was there ever man had such luck! when I kissed the
jack, upon an up-cast to be hit away! I had a
hundred pound on't: and then a whoreson jackanapes
must take me up for swearing; as if I borrowed mine
oaths of him and might not spend them at my pleasure.
FIRST LORD
What got he by that? You have broke his pate with
your bowl.
In der Übersetzung von Dorothea Tiek wird daraus [4]:
CLOTEN:
Hatte je ein Mensch solch Unglück! Wenn meine Kugel schon die andre berührte, weggestoßen zu werden! Ich hatte hundert Pfund darauf gesetzt – und dann muß solch ein verwünschter Maulaffe mir noch mein Fluchen vorwerfen; als wenn ich meine Flüche von ihm borgte und sie nicht nach Gefallen ausgeben könnte!
Erster Lord
Was hat es ihm geholfen? Ihr habt ihm mit Eurer Kugel den Kopf zerschlagen.
Das Wort "Jack" [5] wird bis auf den heutigen Tag beim "Lawn Bowls" als Bezeichnung für die kleine Zielkugel verwendet. Auch die Freude am Fluchen und Lamentieren ist offensichtlich seit Shakespeares Tagen nicht von den Spielern gewichen. Einzig der Umgang miteinander hat, obgleich zuweilen immer noch dürftig, doch jene zivilisatorische Stufe erklommen, ab der gewährleistet scheint, dass alle Spieler, die den Bouleplatz betreten, ihn auch auf eigenen Füßen wieder verlassen. Immerhin ein Fortschritt!
Thorsten
Ergänzung: Es hat sich herausgestellt, dass "Bowls" – also im Grunde "Boule" – im Werk Shakespeares eine bedeutendere Rolle spielt, als zunächst angenommen. Dieses erschließt sich aus einem Artikel, den "Die Zeit" im Jahre 1963 brachte: http://www.zeit.de/1963/34/shakespeare-liebte-fussball-nicht. Darin werden etliche Stellen genannt, in denen der Autor entsprechende Anspielungen verwendete. Meist geht es dabei um den Vergleich von krummen und graden Wegen. Die Eigentümlichkeit, dass die Spielkugeln im 16. Jahrhundert mit einem Metallstück (Bias) versehen wurden, das, aufgrund seiner dezentralen Position innerhalb der Kugel, diese beim Rollen eine Kurve beschreiben ließ, gab Anlass zu geistreichen Betrachtungen (Vergl.: http://petanque.org/around_the_world/english.shtml.
[1] Einen kurzen aber launigen Abriss der Boulegeschichte gibt: http://petanque.twoday.net/topics/Geschichte
oder auch: http://www.worpswede-petanque.de/geschichte/
Ausführlicher auf die Geschichte des Pétanque geht ein: http://www.boule.ch/de-ch/dept_55.html
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Bowls
[3] http://hudsonshakespeare.org/Shakespeare%20Library/Ful%20Play%20Text/text%20-%20Romances/cymbeline21.htm
[4] http://gutenberg.spiegel.de/buch/cymbeline-2165/1
[5] Dieser Artikel wurde angeregt durch folgenden Beitrag, in dem näher auf die Wortherkunft des Begriffes "Jack" eingegangen wird. Dieser hat im übertragenen Sinne in etwa folgende Bedeutung: Die kleinere Ausgabe von etwas Größerem. Siehe: https://petanque.wordpress.com/2014/09/21/terminology-jack-cochonnet-bouchon/
Öffentliche Bouleplätze:
Dienstag & Freitag:
Ab 18 Uhr
Samstag:
Ab 14 Uhr
Sonntag und Feiertage:
Ab 14 Uhr
Spielmöglichkeiten bei Vereinen:
Mittwoch: Ab 19 Uhr
TuRa Braunschweig Flutlicht vorhanden
Donnerstag: Ab 17.30 Uhr
Magnibouler (freies Training) Flutlicht vorhanden
Jeder kann mitmachen. Wir sind kein Verein.
Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
- Tipps & Tricks - Strategie & Taktik -
- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
Boule, Geschichten und mehr...
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