Fundamentales: Die Füße


Pétanque ist eine Sportart, bei der bereits der Name eine Fußstellung beschreibt. In einer Mischung aus Provenzalisch und Vulgärlatein – so weiß es zumindest der Duden zu berichten – beschreibt dieser Name die wichtige Regel, dass beim Wurf beide Füße im Kreis stehen sollen. Die besondere Betonung der "geschlossenen Füße" – des Wortes eigentlicher Bedeutung – geschah wohl zur Abgrenzung von ähnlichen Sportarten, bei denen aus vollem Lauf geworfen werden darf. Die Fußstellung ist das Fundament des Wurfes. Sie ist die Grundlage des Erfolges oder die Wurzel nachhaltiger Probleme. Wenden wir uns also einmal den Füßen zu:

 

Die eingenommene Stellung soll dem Spieler ein ungehindertes Werfen ermöglichen. Der Körper ist so auszurichten, dass der Arm in gerader Linie auf das Ziel zuschwingen kann, also in der typischen Pendelbewegung (beschrieben in: Der richtige Schwung). Keinesfalls darf es dazu kommen, dass der Arm bogenförmig um den Körper herumgeführt wird (Sicheln). Es hat sich bewährt, die Füße so auszurichten, dass die Fußspitze der Wurfarmseite genau auf das Ziel weist. Bei Rechtshändern zeigt also die rechte Fußspitze zum Ziel.

 

Weiterhin soll eine Stellung gewählt werden, die ein Stehen im Gleichgewicht ermöglicht. Ein ungleichgewichtiger Stand zwingt den Körper zu unnötigen Ausgleichsbewegungen in der Schwungphase. Ein unruhiger und ungenauer Wurf ist die Folge.

Das wichtigste Kapital des Spielers ist das "Wurfgefühl". Der Wurf existiert zunächst als inneres Abbild nur in der Vorstellung, um dann zur Ausführung zu gelangen. Ein ständiger Wechsel der Fußstellung würde immer neue Ausgangsbedingungen schaffen, die den Aufbau eines möglichst präzisen Wurfgefühls erschweren. Es ist daher von enormer Bedeutung, so früh wie möglich zu einer Verstetigung der Wurfposition zu kommen. Die Positionierung der Füße sollte daher immer mit Bedacht gewählt werden, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen ist.

 

Die eingenommene Stellung soll dreierlei ermöglichen:

1. Eine ungehinderte Wurfbewegung

2. Einen gleichgewichtigen Stand

3. Eine Verstetigung der Wurfposition

 

Sehen wir uns drei Fußstellungen an:

Es ist durchaus möglich, beide Füße parallel nebeneinander zu stellen und somit wirklich aus einem geschlossenen Stand heraus zu werfen. Diese Position verlangt ein gutes Körpergefühl und einen versierten Umgang mit den sich aufbauenden Körperspannungen [1], was insbesondere Anfängern oft schwerfällt. Sind die Schwierigkeiten gemeistert, bietet die Stellung aber eine solide Grundlage für jegliche Würfe.

Viele Spieler bevorzugen dennoch ein anderes Vorgehen. Sie stellen den Fuß der Wurfarmseite leicht vor und belasten das entsprechende Bein stärker als das andere. Bei dieser Haltung kann der Oberkörper leicht nach vorn geneigt werden und das Knie etwas federn. Die Ferse des hinten stehenden Fußes wird dabei leicht angehoben. Man muss den Körper als komplexes System begreifen, das beim Wurf Gewichte und Schwünge zum Ausgleich bringt. Hierbei scheint die beschriebene Körperhaltung Vorteile zu bieten.

Manche Spieler neigen dazu, den Oberkörper zu weit nach vorn zu beugen und den Schwung zu ungestüm auszuführen. Sie fallen dann vorwärts aus dem Kreis, was nicht nur unschön aussieht und eine Regel verletzt, sondern auch zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Um dieses zu unterbinden, muss der Körper eine ausgewogenere Haltung einnehmen. Er soll nahezu im Gleichgewicht ruhen. Mit einem Trick gelingt das leicht. Man muss lediglich das "Wurfbein" maximal belasten und mit dem anderen Bein nur pro forma den Boden berühren. Wiederum wird hierbei die Ferse des anderen Beins angehoben. Es ist dann fast so, als stünde man nur auf einem Bein. Das zwingt dazu, den Körper vor dem Wurf ins Gleichgewicht zu bringen. Nach einiger Zeit, wenn sich das Gefühl für das Körpergleichgewicht verbessert hat, kann diese Position wieder abgemildert werden.

 

Befindet sich der Körper im Gleichgewicht, sind dessen Fußspitzen immer auf dieselbe Weise ausgerichtet und kann der Schwung frei erfolgen, so ist die Verstetigung einer guten Wurfposition erreicht, mit der gearbeitet werden kann. Wie bei vielen anderen Tipps, so gilt auch hier: Es ist möglich, von den Ratschlägen abzuweichen und einen individuellen Stil zu entwickeln. Solange die Dinge immer in derselben Weise getan werden, kann sich ein Gefühl dafür entwickeln, das individuelle Eigenheiten kompensiert. Ständige Veränderungen der Wurfposition und ein unruhiger Stand sind hingegen stets ein schlechtes Fundament. Mühsam errungene Fortschritte brechen dann schnell wieder in sich zusammen.

 

Thorsten

 

Dieser Artikel wird ergänzt durch: "Der Wurf als Sequenz". Dort werden die Verstetigung und die Entwicklung des Wurfes aus den Beinen, in einem größeren Zusammenhang behandelt.

 


[1] Wie im Artikel "Hochportée" ausgeführt wird, spielt im Pétanque die Körperspannung eine große Rolle:

"Gleich einem Basketballspieler, der beim Freiwurf seinen Körper wie eine Feder spannt, indem er zunächst die Knie leicht beugt, wobei sein Gewicht auf den Vorderfüßen lastet; und der beim eigentlichen Wurf den ganzen Körper im rechten Moment zur Unterstützung streckt, kann auch der Boulespieler verfahren. Steht man auf den Vorderfüßen, hebt dabei beide Fersen leicht an, beugt zudem die Knie leicht, so spürt man, wie eine Spannung den gesamten Körper durchzieht. Mit dieser Spannung zu arbeiten, sie im rechten Moment harmonisch mit dem Abflug der Kugel zu lösen, ist ein Element, das höhere Bogenwürfe erheblich besser gelingen lässt."

 

Das Anheben beider Fersen ist mithin eine weitere Variante der Fußstellung, die ihre Vorteile sowohl bei parallel als auch bei leicht versetzt stehenden Füßen ausspielen kann. 


Nachtrag: 

Es ist erwähnenswert, dass Pétanque seine Entstehung der Rücksichtnahme auf einen Spieler mit Handicap verdankt. Das 'alte Boule' (Jeu Provencale) sieht seitdem alt aus, obwohl es tatsächlich die deutlich sportlichere Variante ist. Die kleine Geschichte kann hier nachgelesen werden:

http://petanque.twoday.net/stories/1608719/

Die Einfachheit der Regeln und die Anspruchslosigkeit hinsichtlich der Spielstätten machen Pétanque so attraktiv. Es erfüllt ein Kriterium, das gute Spiele kennzeichnet und das als "Bushnell's Law" bekannt ist: 

Pétanque ist "...easy to learn and difficult to master"

                                                  (leicht zu erlernen - schwer zu meistern)