Die Kugelspielerin


Es ist keine Frage ob, sondern nur wann ihr der Boulespieler begegnet, jener anmutigen Figur mit der Kugel in der Hand. Ebenso unvermeidlich wird er zu der Überzeugung gelangen, sie spiele Pétanque, denn die eingefangene Bewegung – nach allgemeiner Ansicht meisterlich getroffen – erinnert ihn natürlich an das, was er nur zu gut kennt, nämlich das Befördern einer Kugel mittels Zuhilfenahme der Hand. Von wem aber stammt die Skulptur und warum begegnet sie uns in so vielen Varianten?

 

Erschaffen hat sie der Bildhauer Walter Schott, der, im wilhelminischen Deutschland wirkend, mit ihr sein bekanntestes Werk und einen echten Verkaufsrenner produzierte. Die Darstellung wurde – wie gesagt – als höchst gelungen empfunden, welch Umstand es zu danken ist, dass heute fast unzählige Nachbildungen existieren.

 

Welchen Sport sie betreibt, ist zumindest fraglich, denn die "Deutsche Digitale Bibliothek" [1] führt sie auch als Ballspielerin. Natürlich aber erkennt die Pétanquewelt in der Figur ohne Zögern eine der ihren. Beispielsweise ziert die "Kugelspielerin" in dem lesenswerten Lehrbuch von Peter Latsch [2] das dort abgedruckte Plakat eines Bouleturniers; und eine in Düsseldorf stehende Kopie in Bronze wird in einem Zeitungsartikel [2] zum Anlass genommen, allerlei boulistische Betrachtungen anzustellen. Da ist es doch eigentlich schade, dass die Dame, die immerhin schon seit 1897 ihre Kugel wirft – also sicher bei weitem länger als jeder in diesem an Veteranen nicht eben armen Sport – nach heutiger Regelauslegung wohl des Feldes verwiesen würde. Das strenge Reglement [4] gestattet nur noch das Spiel mit Schuhwerk, das dazu angetan ist, Zehen und Hacken vor Schaden zu bewahren. O tempora, o mores!

 

Text: Thorsten

Recherche: Andreas