Sengend brannte die Nachmittagssonne auf die Boulespieler hernieder. Unter breitschattenden Platanen sie beobachtend saß der alte Meister. Mit unbewegter Miene betrachtete er die Schussversuche des übenden Neulings, der sich sichtlich und vergeblich mühte, die zum Ziel gewählte Kugel vom Platz zu fegen. Schließlich - nach gefühlter Ewigkeit - erhob sich der Meister und schlenderte zum Adepten hinüber. So beobachtet, warf dieser noch schlechter als zuvor, Kugel um Kugel verfehlte ihr Ziel. Gleich, so bangte er, würde ein langer Vortrag folgen - doch geschah nichts dergleichen. Wortlos sich bückend, steckte der Alte die Zielkugel in seine Jackentasche und wies mit seinem Stock auf den Punkt, an dem sie noch eben geruht. Sodann sprach er ein einziges Wort:
"Schuss!" Der Übende stutzte. Wieder wies der Meister auf die leere Stelle: "Schuss!"
Die Kugel sauste durch die Luft. "Schuss!" ..."Schuss!" ... "Schuss!" - immer und immer wieder.
Allmählich entspannte sich der Schüler, seine Bewegungen wurden runder; auch waren sie schöner anzusehen - er hatte verstanden.
Zufrieden schlenderte der Meister zurück, dem Baumesschatten entgegen.
Bewegungsorientiertes Handeln und zielorientiertes Handeln - beides gedanklich zu unterscheiden, ist einer der besten Ratschläge für das Erlernen des Pétanque. Der Übende in der Geschichte traf sein (dann freilich virtuelles) Ziel in dem Moment mit Leichtigkeit, da er die Herausforderung nicht mehr empfand. Nun konnte er sich entspannen und die richtigen Bewegungen locker ausführen. Wenn die Voraussetzungen nicht stimmen, kann ein Pétanquespieler den Erfolg niemals herbeizwingen, möge er sich auch noch so mühen. Es ist dann klug, sich allein auf die Verbesserung eben dieser Voraussetzungen zu konzentrieren und einfach zu warten, der Erfolg möge sich von selbst einstellen, sobald man nur alles richtig macht. Sowohl beim Einspielen, als auch im Spiel selbst, besonders aber im Training, ist die Differenzierung zwischen Bewegungs- und Zielorientierung von größtem Nutzen.
Am Anfang steht die erstaunliche Erkenntnis, dass ein zu starker Wille das Spiel verdirbt. Etwas unbedingt erreichen zu wollen, führt bei vielen Pétanquespielern zu einer Verschlechterung der Bewegungen, sie werden unrund und krampfig. Schüsse treffen erst dann in Serie, wenn gute Bewegungsmuster locker wiederholt werden. Schüsse verfehlen ihr Ziel, wenn schlechte Bewegungen irgendwie noch hingebogen werden sollen. Es ist unmöglich, eine unzureichende Bewegung dauerhaft mit dem Willen zu kompensieren. Pétanquespieler müssen demnach zunächst lernen, die Reinheit ihrer Bewegungen als den eigentlichen Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit zu erkennen. Die Wurfergebnisse sind nur die daraus abgeleiteten Resultate. Da der im Spiel vorherrschende Wettbewerb immer wieder dazu verleitet, die erzielten Punkte oder Treffer allein zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, bedarf es eines festen Vorsatzes, diesen Irrweg nicht einzuschlagen. Hierzu müssen Bewegungs- und Zielorientierung geistig voneinander getrennt werden, um sie dann im entscheidenden Moment wieder zusammnenzuführen. Sehen wir uns in drei Beispielen an, was damit gemeint ist:
1. Training:
Im Training geht es darum, sich neue Techniken anzueignen oder bekannte Techniken zu verfeinern und zu vertiefen. Es müssen Bewegungsmuster gefunden werden, die funktionieren. Diese sollen durch häufige Wiederholungen so vertraut werden, dass sie automatisch ablaufen können.
Ein trainierender Spieler, der nur seine Treffer zählt, ohne sich detaillierte Gedanken darüber zu machen, wie er sie erreicht, oder warum sie ausbleiben, verschwendet seine Zeit. Ein Schütze, der im Training bei guten Bewegungen zehnmal sehr knapp verfehlt, ist technisch weiter als jemand, der 5 mal trifft und 5 mal verreißt, ohne sich der Gründe bewusst zu werden. Der Erfolg wird langfristig mit demjenigen sein, der seine Bewegungen durchschaut, beherrscht und der ihnen vertraut. Das noch so fleißige Wiederholen unzulänglicher Bewegungen trägt nur wenig zur Verbesserung der Erfolgsaussichten bei.
2. Einspielphase:
Beim Einspielen vor dem eigentlichen Spiel geht es darum, locker zu werden und die vertrauten Bewegungen zu finden. Der Spieler muss sich "einnorden", sich "kalibrieren". Wer beim Einspielen nur seine Treffer zählt, denkt zu kurz, denn im Spiel werden ganz andere psychologische Bedingungen herrschen. Sie zu bewältigen ist eine eigene Disziplin. Aus in der Einspielphase erzielten Treffern oder Fehlschüssen lässt sich daher wenig ablesen. Findet ein Spieler jedoch in dieser Phase zu seinen vertrauten Bewegungen, darf er für das Spiel zuversichtlich sein, auch wenn er häufig knapp verfehlt.
3. Spiel:
Im Spiel können durch Druck und Stress die Bewegungsmuster leicht degenerieren. Im Versuch, einen starken Gegner zu übertreffen, bemüht man sich leicht zu sehr, wird ungenau und gibt die prinzipiell erfolgreichen Bewegungsmuster auf. Das geschieht häufig auch nach einer Serie von zufälligen Missgeschicken. Wer es dann nicht vermag, seinen Wurf zügig zu reformieren und zu alten Tugenden bzw. Bewegungen zurückzufinden, ist verloren. Unter Druck das Bewährte nicht aufzugeben, zeichnet den erfahrenen Spieler aus und gelingt nur, wenn den Bewegungen bewusst die Majorität der Aufmerksamkeit zukommt.
Es ist schon ein Paradoxon, dass zwar derjenige am besten spielt, der seinen Bewegungen keinen Gedanken zu widmen braucht, dass jedoch, um diesen Zustand dauerhaft zu erreichen, eben diesen Bewegungen sehr viel Aufmerksamkeit zukommen muss. Ein Spieler soll natürlich nicht ständig mit der Ausführung seiner Bewegungen befasst sein, vielmehr sollen diese automatisiert ablaufen. Sobald jedoch etwas aus dem Ruder läuft, muss er die Fähigkeit besitzen, sich sein Handeln ins Bewusstsein zu rufen und gegenzusteuern. Dieses Wechseln zwischen Zielorientierung und Bewegungsorientierung macht einen versierten Spieler aus.
Thorsten
Ergänzung : Ein erfahrener Spieler berichtete, er habe einst mit seinem Sohn in folgender Weise geübt: Ein Cochonnet wurde ausgeworfen und der Spieler begab sich in den Kreis. Nach Begutachtung der Situation hatte dieser die Augen zu schließen und den Wurf "blind" auszuführen. Hierdurch war bewirkt, dass die Konzentration dem Bewegungsablauf gelten konnte. Zudem wurde so trainiert, den kompletten Wurf – also die eigentliche Bewegung, den Flug der Kugel bis zum Donnée, das Rollen der Kugel nach Bodenkontakt und das Erreichen des Zieles – vor dem eigentlichen Handeln in Gedanken vorwegzunehmen (Selbstvisualisierung).
Beide Spieler sind heute in ihrem Spielvermögen extrem weit fortgeschritten.
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Dienstag & Freitag:
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Samstag:
Sonntag und Feiertage:
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Mittwoch: Ab 19 Uhr
TuRa Braunschweig Flutlicht vorhanden
Donnerstag: Ab 17.30 Uhr
Magnibouler (freies Training) Flutlicht vorhanden
Jeder kann mitmachen. Wir sind kein Verein.
Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
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