Fast so schön wie das Pétanquepiel selbst, ist dessen verbale Nachbereitung. Wer spräche nicht gern von vollbrachten Glanztaten? Leider gleicht die Anzahl der Zuhörer dabei in etwa jener Menge Spieler, die mit Maßband zur Partie erscheint – entspricht also in etwa der Einwohnerzahl des Mondes. Dass sich ein geneigtes Auditorium nur in homöopathischer Dosierung einstellen mag, ist freilich – seien wir ehrlich – der meist dürftigen Darbietung geschuldet, die oft so ausfällt, als spräche Opa vom Kriege. Was also, kann man tun?
Sich Nachhilfe bei den Weinfreunden holen, die nicht nur winzigste Geschmacksnuancen aufzuspüren vermögen, sondern deren feine Zungen auch ebenso versiert darin sind, noch der langweiligsten Plörre einen Hauch von Mysterium anzudichten, ja, das übelste Gesöff mit erstaunlichsten Formulierungen zu adeln. Wo beispielsweise nach dem Entkorken das Urteil irgendwo zwischen Batteriesäure und Alienblut läge, ist dann von „angenehmer Säurebetontheit“ die Rede. Wo die Aromen in etwa zwischen vergorener Elefantenpisse und feucht eingelagertem Leder changieren, spricht man von einem Tropfen mit „animalischem Charakter“, veredelt durch „beherztes Barrique-toasting“. Einfach phantastisch und unbedingt nachahmenswert!
Warum sich davon also nicht ein Scheibchen abschneiden? Warum beispielsweise nicht die cholerische Spielführung eines blockwarthaften Mitspielers als „von stützender Säure dominiert“ kaschieren; warum nicht die ewig sich hinziehende Partie, als „im Abgang etwas zu ausgeprägt“ bemänteln oder die wirr sich entwickelnde Begegnung als eine „charakterlich komplexe“ ansprechen ? Was das Parlieren angeht, da haben wir Kugeljongleure offensichtlich noch einiges aufzuholen. So könnten Niederlagen, bei denen man auch einiges richtig gemacht hat, als „von einiger Restsüße durchdrungen“ besprochen werden, die holprige Mannschaftsleistung als „zwar deutlich feinkörnig, aber noch nicht ganz abgerundet“ Erwähnung finden. Der unbespielbar steinige Parkplatz erschiene als „im Ausbau ausgeprägt mineralisch aufgestellt“ in deutlich besserem Lichte. Eine ärgerliche Niederlage durch abschließenden „Sechser“ käme als Partie mit „wuchtigem Ausguss“ daher – „mit eher trockenem Abgang“ allerdings. Das permanent streitende Gegnerpaar wäre von „nerviger Acidität“ gewesen; versiert aufspielenden Kontrahenten dürfte man ein „volles Bouquet“ oder auch gerne einen „breiten Korpus“ bescheinigen. Der schlammverkrustet durchlittene Turniertag bei Schauerwetter auf Rotasche bliebe dann als „von charaktervollem Terroir geprägt“ in schöner Erinnerung, dessen „betont erdige Noten“ den „besonderen Lagencharakter“ der Spielstätte voll zur Geltung brachten.
Es bleibt noch viel zu tun. Mögen, was die professionelle Darstellung anbelangt, zwischen Weinprobe und Kugelspiel auch Welten liegen, bei einem Kriterium kommen beide sich schon jetzt recht nahe: Das Ende kann „verdammt süffig“ ausfallen.
Thorsten
Eine humorige Einführung in die Welt des "Weinsprech": http://www.borer-cartoon.ch/weinsprache.htm
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