"Eine stillstehende Uhr hat doch täglich zweimal richtig gezeigt
und darf nach Jahren auf eine lange Reihe von Erfolgen zurückblicken."
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Nie sah man einen Adepten des Pétanque erfolgreich "Hochportée" spielen, noch auf Eisen schießen und nimmer war der Effetwurf ein Pfeil im Köcher des Neulings. Zweifellos existieren im Boulesport Techniken, die sich als fortgeschritten bezeichnen lassen, ebenso wie es Techniken gibt, die eindeutig grundlegender Natur sind.
Einige Beispiele:
Grundlegende Techniken:
- Roulette (einfaches Rollenlassen)
- Demi-Portée (Wurf mit halbem Bogen)
- Tir devant (Flachschuss)
Fortgeschrittene Techniken:
- Haute-Porteé (Wurf mit hohem Bogen)
- Effetwurf
- Tir au fer (Eisenschuss)
Das allein ist sicher keine bahnbrechende Erkenntnis und es müsste - wie es bei Hamlet heißt - "...kein Geist vom Grabe kommen, solches zu verkünden". Allzu oft werden aber grundlegende Techniken mit dem Makel des Minderwertigen belegt und fortgeschrittene Techniken für grundsätzlich überlegen gehalten. Es stellt sich die Frage, ob das gerechtfertigt ist.
Beobachtet man Spieler, die sich schon einige Jahre in der Boulekunst versuchen, fällt Folgendes auf: Einige haben Techniken erlernt, die nur zu meistern sind, wenn komplexe Bewegungsabläufe beherrscht werden. Sicher haben sie viel Zeit und Mühe in deren Perfektionierung investiert. Nun aber "kleben" sie regelrecht an diesen Techniken. Auch wenn die Verhältnisse vollkommen dagegen sprechen und Anfänger mit ihrem einfachen Spiel viel erfolgreicher sind, können sie sich nicht überwinden, von ihrem "fortgeschrittenen" Spiel abzulassen. Es ist keine Frage, dass die verwendeten Spieltechniken fortgeschritten sind, diese Spielweise - in ihrer Einseitigkeit - ist es nicht.
Parabel:
Ein Abenteurer begibt sich auf Expedition in eine entlegene Weltgegend. Fernab der Zivilisation will er nach antiken Ruinen forschen. Hierzu bedient er sich etlicher Verkehrsmittel. Zunächst wird mit dem Flugzeug der größte Teil der Strecke überbrückt, dann mit Zug und Auto weiter gereist. Schließlich müssen Maultiere die Ausrüstung in die Wildnis schaffen, in der dem Forscher auf des Schusters Rappen glücklich die Entdeckung gelingt, die Ziel der Reise war.
An dem Unternehmen hatten fortschrittliche und altertümliche Fortbewegungsmethoden ihren Anteil. Das Ziel wurde schließlich mit dem archaischsten aller Fortbewegungsmittel erreicht, den Füßen.
Wer bestimmte Spieltechniken grundsätzlich anwendet, unterliegt einem beliebten Irrtum, der im Artikel "Techniker" näher erläutert wird. Er tut Dinge um ihrer selbst willen und nicht um Erfolg im Spiel zu haben. So passt er sich genau so schlecht den gegebenen Spielbedingungen an, wie es der Anfänger tut, dem nur eine einzige Technik zur Verfügung steht. Man kann das allenfalls als heroisch bezeichnen, fortgeschritten ist es jedenfalls nicht. Ein solcher Spieler ist zudem leicht auszurechnen.
Um bestimmte schwierige Techniken zu erlernen und zu perfektionieren, muss man sie eine geraume Zeit üben. In dieser Phase ist es auch sinnvoll, sie über die eigentliche Notwendigkeit hinaus einzusetzen. Es kommt aber der Punkt, da es aufzupassen gilt, die Flexibilität nicht zu vernachlässigen.
Wahrhaft fortgeschritten ist nur der, dem alle Techniken zu Gebote stehen und der bereit ist, alle Techniken auch zum Einsatz zu bringen. Der Spieler ist ein Meister, der auch einfache Techniken virtuos beherrscht und der sich vor allem nicht scheut, sie auch einzusetzen, wenn er es für geboten hält. Niemals bestimme die Konvention über unser Handeln!
Miyamoto Musashi [1], der bedeutende Lehrer der japanischen Schwertkunst, zog sich in seinen letzten Monaten meditierend in die Einsamkeit zurück. Kurz vor seinem Ende stellte er das "Buch der fünf Ringe" (五輪書 Gorin no Sho)[2] fertig, ein Resümee seiner Lehre. Am Ende des vorletzten Kapitels beschäftigt er sich mit grundlegenden und fortgeschrittenen Techniken. Vehement spricht er sich dafür aus, den Gebrauch von Techniken allein aus der Situation, sowie den persönlichen Anlagen des Kämpfers abzuleiten, so, wie es hier in diesem Artikel dargestellt wurde.
Man darf in diesem Gedanken eine Quintessenz seiner Lehre erblicken. Es mag weise sein, sich immer einmal wieder daran zu erinnern.
Will man eine Partie erfolgreich bestehen,
sollte man so einfach wie möglich werfen
und so kompliziert wie nötig
Thorsten
[1] Miyamoto Musashi war der beste Schwertkämpfer im alten Japan. Er lebte von 1584 bis 1645 n. Chr. und verlor keines seiner vielen Duelle. Zur Ruhe gekommen, gründete er eine Schule und schrieb ein Buch in dem er die Prinzipien seiner Kampfkunst darlegte. Auch in anderen Künsten tat er sich hervor.
[2] Siehe: Das Buch der fünf Ringe: Klassische Strategien aus dem alten Japan
Piper Taschenbuch; Auflage: 3. (2014)
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Dienstag & Freitag:
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Samstag:
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Sonntag und Feiertage:
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Mittwoch: Ab 19 Uhr
TuRa Braunschweig Flutlicht vorhanden
Donnerstag: Ab 17.30 Uhr
Magnibouler (freies Training) Flutlicht vorhanden
Jeder kann mitmachen. Wir sind kein Verein.
Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
- Tipps & Tricks - Strategie & Taktik -
- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
Boule, Geschichten und mehr...
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