Die Welt ist unfair und Pétanque erst recht. Eine der gemeinsten Ungerechtigkeiten besteht darin, dass ein großer Spieler zur Verbesserung der Wurfposition zwar in die Hocke gehen kann, ein kleiner Spieler sich hierzu aber keiner Leiter bedienen darf. Wer hat, dem wird offensichtlich auch beim Boule gegeben.[1] Worin liegen Vorteile der Hocke und was ist bei dieser Technik zu beachten?
Beim Pétanque kommt es darauf an, die Kugeln in schönen Bögen zu werfen. Die Bewegung ist ein harmonisches Schwingen auf kreisrunden Bahnen (siehe hierzu: Der richtige Schwung und Donnée). Je nach Körpergröße und Donnéeentfernung fällt das mal leichter oder schwerer. Die Übersetzung muss stimmen, wie bei der Kettenschaltung eines Fahrrades. Das zeigt sich in Folgendem:
Ein Tireur von 2 m Körpergröße wird zwar auf 9,80 m noch locker auf Eisen schießen, wenn es aber gilt, ein Donnée auf 2,5 m anzuspielen, weil das Cochonnet auf 6 m liegt, tut sich der Riese schwer. Er muss die Kugel früh fallen lassen, ohne richtig auszuschwingen. Seine typische Wurfbewegung kommt nicht zur Entfaltung. Will er der Kugel dennoch einen erheblichen Drall geben, so muss er sie sehr steil und sehr hoch werfen, was den Wurf recht anspruchsvoll werden lässt. Indem unser Hüne aber in die Hocke geht, verbessert er seine Ausgangslage entscheidend. Er kann Données, die ihm zuvor viel zu nah waren, mit gewohntem Schwung anspielen und hat damit den eigentlichen Nachteil seiner Körpergröße wettgemacht. Darin liegt ein wesentlicher Vorteil des Spiels in gehockter Position.
Es liegt auf der Hand, dass eine Kugel desto mehr beschleunigt wird, je tiefer sie fällt. Eine Flugbahn mit flacherem Scheitelpunkt hat also den Vorteil, dass Kugeln nicht so schnell unterwegs sind. Darum wird gern auf harten Böden aus der Hocke gespielt, auf denen Kugeln häufig am Schweinchen vorbeirollen. Auch auf abschüssigem Grund bietet sich diese Technik an. Auf härterem Geläuf kommen Kugeln, die flacher und sensibler gespielt werden, zudem meist besser ins Rollen. Der heikle Moment des ersten Bodenkontaktes verläuft harmonischer.
Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit, den Boden besser erkennen zu können. Aus einer gewissen Höhe erscheint nahezu jeder Boden topfeben und homogen. Je näher sich das Auge jedoch der "Höhe Null" nähert, desto genauer stechen kleine Steigungen und Gefälle hervor, die den Lauf der Kugeln beeinflussen. Wollen wir also mit dem Boden spielen, ist es sinnvoll, ihn aus der dafür geeignetsten Position genau zu "lesen". Natürlich kann hockend "gelesen" und dennoch stehend geworfen werden. Wenn man aber schon einmal unten ist...
Mit der Hocke vervielfachen sich die Wurfmöglichkeiten und das nicht nur für große Spieler. Donnéeentfernung, Wurfgeschwindigkeit, Wurfwinkel und Rückdrall sind bestimmende Faktoren, wenn es um die Anlage des Wurfes geht. So liegt es auf der Hand, dass gehockt, die Anzahl der spielbaren Varianten erheblich steigt. Bietet sich beispielsweise ein Hochportée nicht an, weil das entfernte Donnée zu steinig ist, kann alternativ ein nahes Donnée flach angespielt werden. Die Hocke erhöht die Flexibilität, also den Erfolgsfaktor schlechthin.
In der Hocke nimmt der Körper eine kompakte Haltung ein. Es sind kaum störende Körperbewegungen möglich, die unbewusst eingestreut werden und den Spielern die Würfe verderben (siehe: Fehlschüsse lesen und Boule - die Kunst des Weglassens). Manch Spieler erlangt in der Hockstellung mehr Präzision.
Der große Nachteil der Hocke liegt hingegen in der starken Beanspruchung der Physis. Wer an einem Tag viele Spiele absolviert und jede Kugel gehockt spielt, weiß abends, was er getan hat. Pétanque ist eben doch ein Sport! Unzählige Kniebeugen gehen auf die Knochen. Andererseits wird der Körper bei jedem Spiel durch Gymnastik trainiert und das ganz nebenbei. Das ist auch erforderlich, denn die Hocke verlangt schon gewisse muskuläre Voraussetzungen. Die Oberschenkel müssen in der Lage sein, den Körper zu halten und dabei eine nahezu waagerechte Stellung einnehmen. Leicht federnd, den Oberkörper aufgerichtet, innerlich entspannt, den Arm frei schwingend - so sollte es aussehen. Starke Rücklage, runder Rücken, verkrümmt, verspannt, unsicher das Gleichgewicht suchend - dann wird nichts daraus.
Die Hocke ist weniger ein Muss denn ein Plus, finden sich doch meist auch Lösungen, die im Stand funktionieren. Dennoch ist in hochklassigen Partien häufig zu sehen, wie Profis diese Wurfposition einnehmen. Vorteile sind also offensichtlich gegeben. Gehockte Würfe sollten daher unbedingt das Repertoire des Pétanquespielers bereichern.
"Wenn etwas kleiner ist als das Große,
so ist es darum noch lange nicht unbedeutend."
Lucius Annaeus Seneca
Thorsten
[1] Mit diesem Phänomen beschäftigt sich ein eigener Artikel: https://boule-braunschweig.jimdofree.com/boulelexikon/hintergrund/der-matth%C3%A4us-effekt/
Sinnvolle Ergänzung: Folgender Artikel geht detaillierter auf technische Details ein: https://franzbroeckl.jimdo.com/techniken/pointeur-techniken/legen-aus-der-hocke/
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Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
- Tipps & Tricks - Strategie & Taktik -
- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
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