Pétanque ist ein Sport, bei dem - mehr als in anderen Sportarten - der Zufall die Mitspieler bestimmt. Zwar ist es durchaus üblich, in festen Mannschaften anzutreten, in vielen Fällen wird aber das sogenannte "Supermêlée" gespielt und die Spielpartner willkürlich zugelost. Das ist einerseits interessant, denn es erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit, andererseits wächst damit die Gefahr, dass Improvisieren zum Kern des Spiels wird und sich eine "Spielkultur der Gedankenlosigkeit" etabliert. Partien, die nur aus Zügen bestehen, die letztlich ein "Durchwurschteln" darstellen, denen keine Idee zu Grunde liegt, sind die unschöne Folge.
Es ist freilich schwer, bei einer sonntäglichen Turnierserie, mit einem unbekannten Partner, innerhalb kürzester Zeit ein Konzept parat zu haben. Da heißt es dann oft nur: "Wer schießt?" und schon geht es los. Es ist daher um so wichtiger, bestimmte Standards zu beachten, damit sich eine gute Partie entwickeln kann. Einer dieser Standards ist die bewusste Wahl der Cochonnetentfernung.
Der das Schweinchen werfende Spieler triff damit wichtige Grundsatzentscheidungen. Soll das Spiel dominiert werden oder gilt es, den Gegner an der Entfaltung zu hindern? Die Wahl größerer Entfernungen führt oft dazu, dass Schüsse ineffektiv werden und eine einzige gut gelegt Kugel schließlich den Punkt macht. Der Grund dafür ist, das perfekte Schützen eben rar sind. Dennoch wählen Leger häufig instinktiv diesen destruktiven Spielansatz, weil sie meinen, das Spiel so besser in der Hand behalten zu können. Sie verkennen dabei, dass sie in einer Mannschaft spielen, in der ihr Partner, der als Schütze fungiert, diese Rolle auch gern wahrnehmen möchte. Soll mit der Wahl einer weiten Entfernung eigentlich der Gegner behindern werden, so ist es nur allzu oft der eigene Mitspieler, den es trifft.
Vor dem Versuch, das Spiel des Gegners zu zerstören, sollte zunächst probiert werden, es selbst zu gestalten. So entstehen attraktive Partien, bei denen sich die Spielkunst entfaltet und langfristig auch mehrt.
Spieler, die selbst nicht als Tireur spielen, müssen sich hierzu in die Grundbedingungen des Schießens hineindenken. Beim Auswerfen des Schweins sollte zweierlei angestrebt werden:
1. Eine günstige Entfernung: Das Schweinchen sollte grundsätzlich in einer Entfernung platziert werden, in der es dem Partner noch möglich ist, aussichtsreich zu schießen. Ein gereiftes und attraktives Spiel besteht aus den Komponenten Schießen und Legen. Schon mit dem Sauwurf wird darüber entschieden, ob beides machbar ist. Legerduelle auf 10 m sind durchaus legitim und können auch als taktische Maßnahme sinnvoll sein. Wenig sinnvoll ist es hingegen, Spiele grundsätzlich auf Entfernung anzulegen, da hierdurch viele reizvolle Aspekte des Pétanque nicht zum Tragen kommen. Wer in Bereichen spielt, in denen gut gelegte Gegnerkugeln nicht aussichtsreich angegriffen werden können, spielt Vabanque. Er setzt sich unnötig dem Zwang aus, immer sogleich perfekte Kugeln legen zu müssen, was nur selten gelingt.
2. Eine konstante Entfernung: Die Distanz sollte in den verschiedenen Aufnahmen möglichst nicht variiert werden. Ein Schütze lebt davon, bestimmte Bewegungsmuster immer wieder zu reproduzieren. Es ist hilfreich, wenn sich die Grundbedingungen dabei nicht zu sehr verändern. Schon das Spielgeschehen produziert ausreichend Ereignisse, die den Wurfrhythmus stören. Der eigene Leger sollte also nicht noch dazu beitragen. Leger, die mit der Rolle des Tireurs nicht vertraut sind, bedenken diesen wichtigen Aspekt häufig nicht. Im Bestreben, erfolgreiches Schießen des Gegners zu verhindern, oder - was wirklich schlimm ist - aus reiner Gedankenlosigkeit, verändern sie ständig die Wurflänge und machen so dem Mitspieler das Leben schwer. Dieser muss dann seine Bewegungen anpassen, sein "Wurfgefühl" neu finden, hat unnötige Misserfolge und bleibt unter seinen Möglichkeiten. Besonders wenn schon Treffer erzielt wurden, ist es dringend ratsam, genau diese Entfernung wieder und wieder zu wählen.
Die Einhaltung bestimmter Spielstandards erlaubt es einander unbekannten Partnern, gemeinsam gut ins Spiel zu finden und die Spielqualität hoch zu halten. Kugeln legen, die verteidigt werden können und die möglichst vor dem Cochonnet liegen, Spielentfernungen wählen, die den Tireur nicht überfordern, dann steht dem Sieg nichts im Wege.
"Ein jeder Wechsel schreckt
den Glücklichen,
wo kein Gewinn zu hoffen,
droht Verlust." (Schiller)
Thorsten
Bild 1: Abendlicht, einen Waldrain bei Groß Schwülper durchflutend.
Bild 2: Marschlandschaft auf der Halbinsel Eiderstedt.
Öffentliche Bouleplätze:
Dienstag & Freitag:
Ab 18 Uhr
Samstag:
Ab 14 Uhr
Sonntag und Feiertage:
Ab 14 Uhr
Spielmöglichkeiten bei Vereinen:
Mittwoch: Ab 19 Uhr
TuRa Braunschweig Flutlicht vorhanden
Donnerstag: Ab 17.30 Uhr
Magnibouler (freies Training) Flutlicht vorhanden
Jeder kann mitmachen. Wir sind kein Verein.
Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
- Tipps & Tricks - Strategie & Taktik -
- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
Boule, Geschichten und mehr...
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