"Die Strategie ist eine Ökonomie der Kräfte"
Clausewitz
Für den Militärtheoretiker Carl von Clausewitz war Taktik, die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht. Dagegen definierte er die Strategie als Lehre vom Gebrauch der einzelnen Gefechte im Kriege. Wir wollen diese Unterscheidung nutzen und als Taktik alles bezeichnen, was nur eine Aufnahme innerhalb eines Spieles betrifft. Strategie ist dann, was über die einzelne Aufnahme hinausgeht. Damit ist alles gemeint, was das ganze Spiel oder gar mehrere Partien innerhalb eines Turniers betrifft.
Das Vorgehen in den einzelnen Aufnahmen ist Taktik;
das Vorgehen im gesamten Spiel ist Strategie.
Nach Clausewitz ist die Taktik eine Domäne des Wissens, während die Strategie auf dem freieren Denken gründet. Tatsächlich zeigt es sich beim Pétanque, dass sich die Konstellationen einzelner Aufnahmen mit der Zeit wiederholen. Wer diese aufmerksam beobachtet, wird bestimmte Standardsituationen wiedererkennen und sich mit der Zeit ein Wissen aneignen, wie diese am besten zu bewältigen sind. Man verfügt dann über ein Repertoire, dass es lediglich abzurufen gilt.
Es besteht aber darüber hinaus die Notwendigkeit, in einem Spiel nach Ansätzen zu suchen, die über das Verhalten in der einzelnen Aufnahme hinausgehen. Die Beschäftigung mit solchen strategischen Ansätzen ist wesentlich für den Spielerfolg und die Schulung des Spielverständnisses. Wenn es gelingt, ein Spiel nicht nur als Abfolge einzelner Aufnahmen aufzufassen, gewinnt es Tiefe und Faszination.
Wie finden wir die richtige Strategie?
Dazu ist es nach Clausewitz nötig, den Schwerpunkt der gegnerischen Stärke zu identifizieren und dann konzentriert und rasch dagegen vorzugehen. Dabei geht es darum, die eigenen Kräfte zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzusetzen.
Wenn wir also nach einer Strategie für das gesamte Spiel suchen, müssen wir den Schwerpunkt des Gegners - das Zentrum seiner Stärke - erkennen und ausschalten. Es sollte uns gelingen, die spezifischen Stärken einer Mannschaft zu durchschauen, wenn wir sie aufmerksam im Spiel beobachten.
Das Umsetzen eines strategischen Konzeptes ist beim Pétanque eng verbunden mit dem Recht, das Cochonnet auszuwerfen. Man sollte sich angewöhnen, dieses stets bewusst und nach reiflicher Überlegung zu tun. Die Verteidigung des Anwurfrechtes kann spielentscheidend sein.
Beispiele für Strategien:
Die besondere Stärke einer Mannschaft - ihr Gravitationszentrum - kann beispielsweise darin liegen, dass der Schütze nahezu unfehlbar ist. Eine gute Strategie wird dann darauf gerichtet sein, dieses zu unterbinden. Man kann etwa beim Auswerfen des Cochonnets Entfernungen wählen, die dem gegnerischen Schützen nicht behagen. Man kann die Entfernungen stark variieren oder selbst so schießen, dass der gegnerische Schütze zum Legen gezwungen ist.
Ein reines Legerteam kann auf strategischer Ebene dadurch bekämpft werden, dass dem Schließen der Wege Priorität eingeräumt wird (Bildpunkte). Auf sehr unebenem Boden kann aber auch das frühe Legen einer zwingenden Kugel das Mittel der Wahl sein, weil ihre Entfernung das Legerteam vor eine große Herausforderung stellt.
Hat sich ein Team in einen Rausch gespielt, so ist dieser Zustand als der Schwerpunkt seiner Kraft auszumachen (Flow). Es ist dann geboten, dem Spiel eine andere Geschwindigkeit zu geben, es zu beschleunigen oder zu verlangsamen um den gegnerischen Rhythmus zu brechen. Auch das bewusste herbeiführen von Ereignissen, die der Gegner nicht erwartet, kann den Flow beenden.
Spielt nur einer der Gegner überragend, muss es das Ziel sein, dessen Fähigkeiten zu neutralisieren, indem man ihn etwa zwingt, sich früh leerzuspielen oder, indem man die gut platzierten Kugeln des überragenden Spielers grundsätzlich angreift, wissend, sein Partner werde es ihm nicht gleichtun können.
Es liegt in der Natur der Sache, dass gute Strategien nicht einer vorgefertigten Liste entnommen werden können. Sie sind immer die Folge genauer Einschätzungen und kreativer Überlegungen. Da es nicht leicht ist, sich mit einem Spielpartner abzusprechen, zumal wenn dieser durch den Zufall bestimmt wird, unterbleibt häufig eine strategische Ausrichtung des Spiels. Man sollte es dennoch immer wieder versuchen, nicht allein um des Erfolges Willen, sondern auch, um dem Spiel eine weitere Dimension hinzuzufügen.
Thorsten
Ergänzung: Eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen ist die Mannschaftsaufstellung. Mit ihr müssen die Weichen so gestellt werden, dass die Reise den richtigen Verlauf nimmt. Eine untaugliche Besetzung der Spielerpositionen kann noch im Verlauf der Partie korrigiert werden. Die Strategie wird dann den vorgefundenen Gegebenheiten angepasst. (Siehe: "Drehen")
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- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
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