"Nichts zu sehr!"
Solon von Athen
Es existiert eine eigentümliche Form des Scheiterns, die dem Boulespieler in zweierlei Gewand begegnet, obwohl sie nur eine Ursache hat: Zum einen misslingen Würfe, wenn der Spieler Leistungsdruck empfindet, in Stress gerät, verkrampft, ungenau wird und so das angestrebte Ergebnis verfehlt. Zum anderen misslingen Würfe, wenn der Spieler im sicheren Glauben, der Wurf beinhalte keinerlei Herausforderung, schlampig und unkonzentriert spielt, sich nicht wie üblich bewegt, nicht analysiert und dann - wider alle Erwartung - dennoch scheitert.
Solche Ereignisse kennen wir doch alle: Der Schütze hat eine schöne Bresche geschossen und wir müssen unsere Kugel lediglich noch in einem Meter Abstand zum Schwein positionieren, scheitern aber, indem wir tatsächlich durchlegen oder einen der wenigen Steine treffen. Ein andermal sind wir wirklich im Druck und müssen unbedingt eine Kugel "devant" legen, damit der Gegner nicht zu viele Punkte erzielt. Obwohl uns die Aufgabe eigentlich nicht überfordert, misslingt der Wurf auf demütigende Weise und landet irgendwo im Nirgendwo.
Obwohl es sich scheinbar um verschiedene Situationen handelt, ist dennoch der Grund letztlich derselbe:
Es wird mit wechselnder Intensität gespielt.
Wenn uns das Spiel erfreut, motiviert, erfolgreich ist, dann spielen wir natürlich in der richtigen Intensität. Wir sind dann aufmerksam, achten auf unsere Bewegungsmuster ohne zu verkrampfen, sind mithin ganz bei der Sache. Wir haben dann das Gefühl der Herausforderung gewachsen zu sein, wenn wir nur fokussiert bleiben. Unterfordert uns ein Spiel hingegen, dann sind wir versucht, unser Standardverhalten aufzugeben. Das Intensitätsniveau sinkt ab. Überfordert es uns, versuchen wir, über unser Standardverhalten hinauszugehen, um der Herausforderung gewachsen zu sein. Das Intensitätsniveau steigt über das Normalmaß an. Beides ist unprofessionell!
Weder können wir langfristig besser spielen als unsere Fähigkeiten es zulassen, noch können wir hinreichend gut spielen, wenn wir unsere Fähigkeiten nicht einsetzen.
Ein Spieler sollte bestrebt sein, ein Spiel immer mit derselben Intensität anzugehen, immer dieselben Bewegungsmuster anzuwenden, immer dieselbe Gemütsruhe zu empfinden. Das gelingt natürlich niemals vollständig, bessert sich aber durch stetes Praktizieren.
Die gleichbleibende Intensität ist eine Bedingung, deren Erfüllung in jedem Spiel Nutzen bringt. Sie lässt den Spieler den für ihn günstigen Aufmerksamkeits- und Anspannungszustand finden und beibehalten. In Partien, in denen objektiv weniger Aufmerksamkeit erforderlich ist, kommen die eingesetzten Energien dem Training zugute.
Gibt es dann überhaupt unwichtige Spiele?
Gleichgültig, wie sehr ein Spiel fordert, es ist ratsam, stets sein Bestes zu versuchen. Selbst wenn der Gegner "leergespielt" ist und sich keine seiner Kugeln mehr auf dem Feld befindet, sollte so gehandelt werden, als spielte man die erste Kugel der Aufnahme oder die wichtigste Kugel in der Partie. Folgt dann wirklich einmal die wichtigste Kugel der Partie, ist keine Umstellung mehr erforderlich. So gewinnt man Unabhängigkeit von den Spielumständen und übt sich im Praktizieren der gleichbleibenden Intensität.
Ein Gegner mag uns unterfordern, sollen wir deshalb aufhören, richtig zu spielen und die Übungszeit verschenken? Sollten wir nicht gerade diesem Gegner unser bestes Spiel zeigen, weil wir langfristig auch von dessen Entwicklung profitieren?
Ein Gegner mag uns überfordern, kann das der rechte Moment sein, von dem Spiel abzuweichen, das wir für richtig halten und beherrschen?
Weder sollte uns ein unterforderndes Spiel abhalten, gut zu spielen, noch sollte uns ein überforderndes Spiel verleiten, schlecht zu spielen.
Wer in leichten Spielen nicht die nötige Ernsthaftigkeit aufbringt, dem kommt in ernsten Spielen die nötige Leichtigkeit abhanden. Die Spielintensität ist ein eigenständiger Faktor. Sie darf weder zu sehr absinken, noch im Übermaß ansteigen. Erst so gewinnt man die Freiheit, wirklich zu spielen.
Thorsten
Ergänzung: Wir können die hier ausgebreiteten Überlegungen auch auf die Phase des Einspielens ausdehnen: Hier versuchen die Akteure, meist hektisch und in schneller Folge, "ihren Schuss" zu finden, also das Gefühl in sich aufzuspüren, mit dem sie dann im Spiel Kugel um Kugel treffen wollen. In der Partie aber gibt es keine Schüsse in schneller Folge. Wäre es da nicht klüger, schon beim Einspielen genau so zu verfahren wie dann später auch? Meist sammeln wir uns doch vor der eigentlichen Aktion innerlich, versuchen locker zu werden, konzentrieren uns, verhalten uns dabei auf ritualisierte Art und Weise. Genau so sollten wir uns auch einspielen. Wir sollten auch in der Vorbereitung genau die Intensität walten lassen, die wir in der Folge anzuwenden gedenken, denn nur so finden wir den Schuss, der uns später dann durch die Partie trägt.
Bild 1: Windmühle nahe Liebenburg
Öffentliche Bouleplätze:
Dienstag & Freitag:
Ab 18 Uhr
Samstag:
Ab 14 Uhr
Sonntag und Feiertage:
Ab 14 Uhr
Spielmöglichkeiten bei Vereinen:
Mittwoch: Ab 19 Uhr
TuRa Braunschweig Flutlicht vorhanden
Donnerstag: Ab 17.30 Uhr
Magnibouler (freies Training) Flutlicht vorhanden
Jeder kann mitmachen. Wir sind kein Verein.
Wer Boule als ein Spiel versteht, zu dem man sich öffentlich trifft, zwanglos und leidenschaftlich, frei von finanziellen Verpflichtungen und Leistungsdruck, aus Freude gespielt, bei dem die Gemeinschaft nicht zu kurz kommen darf, der wird bei uns Gleichgesinnte treffen.
- Tipps & Tricks - Strategie & Taktik -
- "Versagen unter Druck" NEU
- Der Artikel "Visualisieren im Pètanque" (ehemals "Der Mythos vom Zielen") wurde überarbeitet und bekam einen anderen Platz in der Gliederung. Insbesondere wurde darauf abgezielt, dass das Thema "Visualisierung", das inhärent bereits das Grundthema des Aufsatzes gewesen war, nun auch mit diesem Begriff angesprochen wird. Der Text wurde überarbeitet und es wurde auf Beziehungen zu später entstandenen Artikeln hingewiesen.
Boule, Geschichten und mehr...
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